Draussen mit Claussen: ein RefLab-Podcast

Draussen mit Claussen: ein RefLab-Podcast

Die Kultur der Gegenwart ist voller Religion

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00:00:00: Unbekannt Nach draußen lauschen. Den Podcast von Johann Hinrich Claussen über Kultur und Religion.

00:00:13: Unbekannt Das Leben. Herzlich willkommen zu einer neuen Folge bei draußen mit Klaus In meinem Podcast heute bin ich sogar bis nach Israel verbunden und das hat folgenden Grund. Man kann natürlich einiges über die Lage in Israel und in den palästinensischen Gebieten aus den Medien erfahren, aber ich finde, das ist immer viel zu wenig und viel zu kurz und einseitig.

00:00:39: Unbekannt In der einen oder anderen Richtung. Und zugleich sind eben durch den Krieg Möglichkeiten zur Begegnung abgeschnitten. Ich kann nicht einfach hinfahren und mit Menschen selber sprechen und mir ein eigenes Bild machen. Und deshalb kann ich oft nur fantasieren, wie es zum Beispiel Menschen in Israel geht, verletzt durch das Terror, Pogrom der Hamas, verunsichert über Versagen, durch das Versagen von Militär und Sicherheitsorganen in großer Sorge um das eigene Land, die eigene Sicherheit.

00:01:07: Unbekannt Viele auch zunehmend kritisch gegenüber der eigenen Regierung und deren Kriegsführung usw. Aber was das alles bedeutet, das weiß ich nicht und deshalb bin ich so froh, dass ich verbunden bin. Jetzt Person mit Anita Hafif in der Nähe von Tel Aviv. Hallo liebe Anita. Hallo, Du lebst seit 1979 in der Nähe von Tel Aviv und gestaltet seit acht Jahren Jahrzehnten.

00:01:36: Unbekannt Dann schon Begegnungen zwischen Deutschen und Israelis, kennst also die unterschiedlichen Positionen, Perspektiven, Erfahrungen. Den Kontakt zu dir verdanke ich einem lieben Kollegen Christian Stauffer, dem Antisemitismusbeauftragten meiner Kirche, der auch gerade bei dir zu Besuch ist. Bildung und Begegnung sind deine Arbeitsschwerpunkte. Unter anderem über das Israel Encounter Programm der in Deutschland. Wir haben viele Zuhörerinnen und Zuhörer, muss ich dir sagen, auch aus der Schweiz.

00:02:08: Unbekannt Aber in Deutschland gibt es eben diese wunderbare Bundeszentrale für politische Bildung, die eben auch solche Begegnungs arbeit ermöglicht. Wir würden dich. So, jetzt habe ich lange vorgesprochen, jetzt wollen wir dich aber lieber kennenlernen. Machst du dich selbst ein bisschen vorstellen, wer du bist? 1979 nach Israel gekommen. Da kommen wir gleich noch mal, aber erzähl doch erst mal, dass wir dich besser kennenlernen.

00:02:32: Unbekannt Ja, also, wie gesagt, mein Name ist Av es und ich bin 1960 in Wien zur Welt gekommen. Ich bin als Tochter jüdischer Holocaustüberlebenden in Wien aufgewachsen, mit allen Konsequenzen, die das bedeutet. Also sprich, das Trauma meiner Eltern war sehr präsent in meiner Kindheit, in meiner Jugend, dass ihr Schweigen über diese furchtbare Zeit. Und gleichzeitig bin ich in einem Land der Täter zur Welt gekommen, das anders umgegangen ist mit der Vergangenheit als Deutschland, das viel später sich überhaupt zu seiner Verantwortung bekannt hat und auch in, wie soll ich sagen,

00:03:15: Unbekannt in beschränktem Maße.

00:03:18: Unbekannt Und all diese Faktoren haben mich bewogen, nach der Schule nach Israel zu ziehen. Und ich lebe jetzt seit 79 in Israel.

00:03:29: Unbekannt ich habe englische und französische Literatur zuerst studiert. Meine Sprachkenntnisse waren jetzt nicht so prickelnd, bin aber dann ziemlich schnell in die Museumsdidaktik dazu übergegangen und dort habe ich begonnen, mit deutschen Gruppen zu arbeiten. Also zum Thema jüdisches Leben, Gedenken an die Shoah, jüdische Identität, deutsche Identität.

00:04:00: Unbekannt Und eigentlich bin ich diesen Bereich seit damals verborgen geblieben. Ich finde es schön, dass aber ein bisschen Wiener Sprachfärbung noch zu hören ist. Das magister ich sehr gern. Nur eine Rückfrage War deinen Umzug nach Israel damals eine Entscheidung sozusagen für das Leben, oder? Das kenne ich von Menschen, von jüdischen Menschen, die sozusagen nach der Schulzeit in Deutschland erst mal auf ein Jahr und dann damals in der Zeit ging man ja häufig noch in ein Kibbuz gegangen waren.

00:04:37: Unbekannt Wie deutlich war das für dich und erinnerst du dich noch an die Situation, wie es damals war oder ist das schon weit weg? Also mir war ziemlich klar, dass ich nicht in Österreich bleiben würde und es war mir auch ziemlich klar, dass ich nicht für ein Jahr nach Israel komme. Und dem war dann auch so, äh, Israel war damals ein ganz anderes Israel.

00:05:04: Unbekannt Also, äh, ich kann mich erinnern, ich habe damals noch Waschpulver und Schokolade aus Wien nach Israel mitgebracht. Es war ein Ziel ärmliches Israel. Es war gleichzeitig auch ein Ziel Idyllisches unter Anführungszeichen Israel als heute. Es war für mich definitiv ein Sehnsuchtsort, den ich auch verklärt habe.

00:05:26: Unbekannt Also es war ein anderes Israel. Das fällt mir jetzt nur auf, weil ich gerade mit unseren Kindern und anderen jüngeren Leuten darüber gesprochen habe, die das gar nicht mehr so wissen oder auch nachfühlen können.

00:05:42: Unbekannt So wie es dir ergangen ist, ist ja auch vielen evangelischen Theologie studieren damals gegangen, in den 70er Jahren noch nach Israel gegangen. Ich kenne auch einige, für die so ein Jahr. Im Kibbuz eine prägende Lebenserfahrung gewesen war. Also und die da von daher mitgenommen haben oder geprägt sind, noch mal von einer viel positiveren Israelwahrnehmung als als das heute jungen Menschen manchmal möglich ist.

00:06:13: Unbekannt Okay, machen wir mal einen großen Sprung in die Gegenwart. Die ja auch sich wahnsinnig schnell schon verändert und verschoben hat. Also das eine ist der 7. Oktober ja immer noch wahrscheinlich für euch, für dich ein ganz prägendes Moment zu zugleich ist ja in den letzten Wochen und Monaten so viel Neues dazu geschehen. Deshalb. Wie geht es dir jetzt?

00:06:43: Unbekannt Wie lebst du? Also das Leben seit dem 7. Oktober hat sich für mich, äh, nicht nur für mich radikal geändert. Es war ein wahnsinniger Einschnitt. Erstens einmal, weil viele unserer Glaubenssätze einfach erschüttert worden sind wie ein und dass der Staat wird Bürger schützen, dass man kann sich auf die Armee verlassen.

00:07:10: Unbekannt dass wir in Israel in einer relativen Sicherheit sind, dass die Freilassung von Geiseln die Priorität der Regierung sind, also viele dieser Dinge sind unglaublich erschüttert worden.

00:07:27: Unbekannt Und natürlich, ich kenne auch Menschen, die am 7. Oktober ermordet worden sind. Aber ich kenne Menschen, deren Angehörige entführt worden sind. Kurz und gut, es ist etwa Wir sind immer noch im 7. Oktober. Das ist noch. Das ist doch sozusagen der 7. Oktober. Ist noch sozusagen das Datum auch deswegen interessant? Ja, und heute? Zufällig begehen wir heute den Gedenktag an den Holocaust.

00:07:55: Unbekannt Und es ist natürlich sehr stark, auch in den sozialen Medien zu sehen, wie stark die Erfahrungen der Geiseln oder anderer Menschen auch die von diesen Überfall betroffen worden sind, an das Schicksal von Juden im Holocaust erinnert. Nicht, dass man die zwei Ereignisse vorvergleich oder vergleichen sollte, aber die aber die Erfahrung und die menschlichen Erfahrungen der Opfer, die kann man sehr wohl vergleichen.

00:08:28: Unbekannt Und diese Erfahrungen, Wie soll, wie würde man sie beschreiben? Absolute Schutzlosigkeit in absolute Schutzlosigkeit? Äh, der Wunsch, äh, Juden zu vernichten, egal wie und egal was. Was Sie denken. Ja. Also viele der Opfer waren ja gerade Leute, die sich für Kooperation und Koexistenz mit den Palästinensern eingesetzt haben.

00:08:56: Unbekannt die die Brutalität der Morde oder der Vergewaltigungen, äh, der Verbrechen,

00:09:03: Unbekannt das alles, äh, kennt man aus der Diaspora, aber eben nicht aus aus Israel in dieser Form.

00:09:10: Unbekannt Und ja, eben auch,

00:09:12: Unbekannt das las ich, da komme ich nachher noch drauf, mit dir darüber zu sprechen. Du hast gerade ein sehr interessantes Buch herausgegeben, mit Interviews, und da kommt auch an einigen Punkten diese Erschütterung dadurch zum Ausdruck, dass es ja nicht nur definierte Hamas Terroristen gewesen sind, von denen man das wusste und erwartet hat, sondern dass eben auch normale Zivilbevölkerung oder zum Teil auch.

00:09:43: Unbekannt Arbeiter, die man eigentlich kannte, an diesen, an diesem Pogrom, so muss man es wohl nennen, mitgewirkt haben. Noch mal es ist bei aller Verfeindung, die es schon gibt, aber diese Erschütterung, dass es eben jetzt nicht nur sozusagen Berufstürouristen gewesen sind. Ist das richtig? Okay, was ich auch sei das doch noch mal eine Vorwegnahme aus dem Buch. Der erste Interviewpartner erklärt das gleich nachher.

00:10:12: Unbekannt Es beschreibt sehr eindrücklich für mich und das hat mir noch mal ein bisschen die Augen weiter geöffnet, dass es ja auch ein vor dem 7. Oktober gegeben hat. Gerade diejenigen, die in der Grenzregion zum Gaza hin gelebt haben, also ein dauerhafter Beschuss, Dauerbeschuss als alltägliche Erfahrung, immer mit 15 Sekunden Zeitspanne, bis man zum nächsten Luftschutzbunker kommt und Ältere, die dann sagen das schaffe ich gar nicht, Das meine ich mit.

00:10:47: Unbekannt Oder aber auch eigene kleine Kinder, die man hat, die man in dieser dauerhaften Todesgefahr erziehen muss und die dann auch bestimmte psychische Reaktionen zeigen. Wie weit ist nach dem Abzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen? Das muss auch gesagt werden, dass dieser Beschuss vor über 20 Jahren damals begonnen hat und eigentlich als Dauer, sozusagen als ein Dauergeräusch ankam, der aber Programm gewesen ist.

00:11:14: Unbekannt Das hat man in Deutschland und in der Schweiz oder in Europa glaube ich, nicht immer so bewusst. Wir sprechen jetzt ganz stark über die israelische Perspektive der Palästinenser. Ist noch mal was anderes. Aber ich will jetzt in einem Gespräch nicht alles durcheinander schmuggeln und mischen, sondern mit dir jetzt über diese Perspektive sprechen. Die Zeit danach also ich finde das sehr attraktiv, weil wie gesagt, 7. Oktober ist immer noch und zugleich gibt es ja unterschiedliche Abschnitte der weiteren Eskalation.

00:11:44: Unbekannt Gab es zwischenzeitlich mal die Hoffnung es gibt es werden Geiseln freigelassen, es gibt einen Waffenstillstand. Wie nimmst du diese diese Dynamik des Kriegsgeschehens wahr? Na ja, es hat schon auch Freilassung von Geiseln gegeben und es hat auch einen Waffenstillstand gegeben. Aber jetzt, wo es wirklich was um die letzten Geiseln gibt. Es sind, glaube ich, noch 29,

00:12:13: Unbekannt Also nicht, glaube ich.

00:12:14: Unbekannt Es sind 29, man weiß nicht, wer noch lebt und wer nicht. Und es ist meiner Meinung nach ganz klar, dass weder Thomas noch ist die israelische Regierung ein großes Interesse haben, hier miteinander diesen Waffenstillstand auch auszuhandeln. Es kann immer Überraschungen geben und das hat natürlich. Aber aus meiner Regierung setze ich sehr wenig und auf Hamas schon gar nicht.

00:12:43: Unbekannt Gibt ja bei Katastrophen häufig dieses Phänomen, dass es diesen einen Moment des Erschreckens gibt und dann ein Moment großer Einigkeit und Solidarität. Man schließt zusammen, man hält zusammen, man hilft, man ist einer Meinung. Das hält dann aber nicht immer unbedingt wahnsinnig lange an und du hast es schon angedeutet Es sind eben in Israel ganz, ganz unterschiedliche Stimmen, Gruppierungen, unterschiedliche Machtverhältnisse.

00:13:12: Unbekannt Wo siehst du dich selbst und wo siehst du deine Mitbürgerinnen und Mitbürger? Und wie ist, wie ist es möglich oder auch nicht möglich, sich in Israel zu verständigen? Ich möchte nur etwas auch aufgrund des Buches hinzufügen, dass man in Israel und ich glaube, das ist wirklich ein Teil des Ethos in diesem Land, dass man hilft, sich, auch wenn man sich nicht einig ist.

00:13:40: Unbekannt Quasi einig wird, ist nicht Voraussetzung für gegenseitige Unterstützung. Ich sehe mich definitiv im linken Spektrum der israelischen Gesellschaft, äh verortet. Wobei natürlich der 7. Oktober ist. Auch an mir nicht spurlos vorbeigegangen.

00:13:57: Unbekannt die Gesellschaft ist sehr zerstritten. Also was jetzt das Politische betrifft, aber nicht nur das, politisch sehr auch zum Beispiel die Spannungsfelder zwischen Ultraorthodoxen und Säkularen und Nationalreligiösen.

00:14:11: Unbekannt Also wir sind eine sehr, äh, wie soll ich sagen, dynamische und auch streitfreudige Gesellschaft. Die Konflikte schaffen Gräben, das ist keine Frage. Und es stellt sich natürlich auch die Frage Wie geht es weiter?

00:14:27: Unbekannt diese Regierung schürt einfach natürlich auch den Hass darauf. Daraus speist sich Ist es eine ultrarechte Ultra nationale Regierung, von der ich persönlich mich in keinster Weise vertreten zu fühle?

00:14:43: Unbekannt aber die israelische jüdische Bevölkerung rückt definitiv nach rechts, was auch nicht verwunderlich ist. Gibt es denn bei dir in deinem eigenen Umfeld die Situationen, dass man sich nicht nur streitet? Das ist doch ein Konflikt in der israelischen Gesellschaft. Das habe ich schon mal gelesen, aber so, dass man auch nicht mehr miteinander sprechen kann, oder? Meine Tochter zum Beispiel hat ganz rechte Positionen.

00:15:10: Unbekannt Also wir sind in der Familie selbst, da haben wir sehr unterschiedliche Positionen. Wir können schon miteinander reden, aber es ist uns klar, dass wir bis zu einem bestimmten Punkt kommen werden und dann nicht so sehr. Dann muss halt jeder akzeptieren, dass der andere die Dinge ganz anders sieht. Es gibt Menschen, mit denen zum Beispiel Wenn jemand jetzt so ein radikaler Siedler ist, dann will ich mit dem eigentlich nichts mehr zu tun haben.

00:15:36: Unbekannt Also das ist Ich habe für mich jetzt selbst Grenzen geschaffen, dass Menschen, egal von welcher Seite, die meine Werte total negieren, dass ich zu denen keinen Kontakt möchte und das gibt, das gibt es ja. Wir haben auch eine Verteufelung durch die Regierung und ihre Anhänger der Linken. Ja, jeder wird als Verräter gestempelt. Äh, ja, das mögen die Piloten sein, die im Grunde genommen diesen Krieg bestimmen.

00:16:04: Unbekannt Aber Kritik üben und sagen so geht das nicht weiter. Also jeder, der irgendwie gegen diese Regierung spricht, wird sofort verteufelt und als Verräter unter Anführungszeichen oder nicht unter Anführungszeichen verschrien. Und das ist sehr, sehr schlimm, dass der Diskurs sich so zuspitzt. Also es ist eine eine Politik der Regierung, die wir haben. Wie weit wird die von Medien dann noch befeuert?

00:16:33: Unbekannt Oder nimmst du dann nur noch deine Medien wahr? Nein, nein. Für mich wäre wegen meine Arbeit ist es mir sehr wichtig, alle Medien zu. Das sollte man grundsätzlich tun. Also wenn ich nur quasi in meine Blase, meine Zeitungen, meine Überschriften lese, hätte ich mir schon vorstellen schreiben kann. Das macht keinen Sinn. Ich halte es für sehr wichtig, die einen Querschnitt durch die Medien, äh, immer vor Augen zu haben.

00:17:03: Unbekannt Jetzt würde ich dich bitten, wieder nach Europa zu blicken. Also ich bin hier gerade in Hamburg und dort in Berlin, aber ich hier mein Post Podcast mache ich mit RAF leb also mit Schweizerinnen und Schweizer Kolleginnen und Kollegen.

00:17:15: Unbekannt wie weit nimmst du die Diskussionen bei uns? Warum? Wo siehst du berechtigte Kritik? Wo nimmst du? Siehst du eine Zunahme von Antisemitismus?

00:17:28: Unbekannt Und da gibt es ganz unterschiedliche Formen. Aber wir konzentrieren uns mal diese Form von Antisemitismus gegen Israel und den gibt es von links und rechts und muslimisch und christlich, aber auch, äh, wie weit verfolgst du das? Was nimmst du da war? Ich verfolge das sehr aktiv. Mein mein vorletztes Buch beschäftigte sich auch mit dem Thema Antisemitismus.

00:17:54: Unbekannt Es ist keine Frage, dass es erschütternd ist, welche Ausmaße und Auswüchse der gegen Israel gerichtete Antisemitismus seit dem 7. Oktober genommen hat. Und zwar sprach man schon von Genozid. Ich glaube am 8. Oktober, wo die israelische Armee noch nicht einmal im Gazastreifen drinnen war, der eine, zwei oder drei Wochen gebraucht, bis sie überhaupt einmarschiert sind.

00:18:23: Unbekannt also, äh, und dieser ganze Begriff von Genozid,

00:18:27: Unbekannt damit wird Herumgeforste mehr und, äh.

00:18:31: Unbekannt From the river to the Sie bei der BBC. Was eine Negierung des Existenzrecht des Staates Israel ist, hört man aus Berlin. Straßen rattern sehr, sehr raus.

00:18:43: Unbekannt also ich finde das alles ganz furchtbar und das ist für Menschen wie mich, die eine unheimlich starke Kritik an der eigenen Regierung oder auch an der Armee zum Teil haben.

00:18:59: Unbekannt ist das sehr schwer, weil manchmal komme ich an eine Situation, wo ich Dinge verteidige, die ich eigentlich überhaupt nicht verteidigen will.

00:19:07: Unbekannt Aber wenn die Vorwürfe schon dermaßen absurd sind, dass man glaubt, das gibt es nicht, das man mir das jetzt sagt. Ja, ich hatte vor ein bisschen länger als noch vor gut einem Jahr ein Podcast Gespräch mit einem deutschen Historiker Wolfgang Kraushaar, der ein interessantes Buch geschrieben hat, wo er einfach so bestimmte Skandalbegriffe durchgegangen ist in einem Lexikon und einfach mal geprüft hat.

00:19:33: Unbekannt Und da kam auch das Wort Genozid vor. Das war jetzt nun vor einem Jahr, und da fand ich sehr differenziert, wie er beschrieb, wo eine Kriegsführung von israelischer Seite problematisch ist, was aber ein Genozid ist und wie das zu unterscheiden ist. Jetzt sind wir ein Jahr später. Ganz stark sind natürlich Bilder von völlig zerstörten Gegenden, die noch und natürlich das noch mit diesem Vorwurf noch mal verstärken.

00:20:00: Unbekannt Einfach sozusagen als bildliche Plausibilisierung sozusagen. Aber es in der Tat ist Wahnsinn, das, so habe ich das erlebt, dass ein dezidiert genozidaler Akt, das war ja der 7. Oktober, das war ja ein genozidale Programm, und es geht nicht nur darum, einem Staat das Existenzrecht zu abzusprechen, sondern seinen Bürgerinnen und Bürgern das Überleben abzusprechen, das Recht auf Überleben abzusprechen.

00:20:31: Unbekannt Hast du eine Deutung, wie das so schnell kam? Jetzt kann man ja vielleicht Ich bin kein Militärexperte, ich kenne die Situation nicht, eher vielleicht durch Aussagen, da gibt es genozidale Tendenzen oder ethnische Säuberungen, Tendenzen von ethnischer Säuberung oder so, also kann man alles diskutieren. Aber mich interessiert mal dieser Anfangspunkt gleich am 8. Oktober kommt sofort dieser Vorwurf gegen diejenigen, die eigentlich von einem genozidalen Angriff betroffen gewesen sind.

00:21:02: Unbekannt Hast du deine Deutung für das. Also ich glaube auch diese ethnische Säuberung Geschichte muss man diskutieren.

00:21:10: Unbekannt aber ja, weil Antisemitismus ist sehr leicht abrufbar zu einem Antisemitismus, der sich gegen Israel richtet und erwartet nur quasi die Gelegenheit. Darüber hinaus hat sich herausgestellt, dass zum Beispiel die Muslimbrüder schon Jahrzehnte in amerikanischen, in und Katar sehr viel Geld reingepumpt haben, um genau diese Positionen zu schützen und zu stärken.

00:21:40: Unbekannt Also da war schon ein sehr gutes Netz, eine sehr gute Infrastruktur, die vorbereitet war. Das ist auf fruchtbaren Boden gefallen. Und wie gesagt, es ist auch schon fast so messianisch, weil Israel die Inkarnation allen bösen Bösen ist. Israel ist quasi der Jude unter den Staaten und der Jude, der kein Opfer ist, sondern der stark ist, dazu zu sagen, Man verneint gerne über tote Juden, aber Juden, die sich wehren.

00:22:14: Unbekannt Und noch einmal Ich bin heute für eine Beendigung dieses Krieges und ja, das ist aber trotzdem ich. Man ich glaube nicht, dass Israel jetzt einfach sich hätte hinsetzen können und sagen okay,

00:22:28: Unbekannt Israel passiert und schauen wir mal, es hätte nicht passieren dürfen. Das ist noch die andere Frage. Das, dass das die Armee und der Staat dermaßen versagt haben.

00:22:40: Unbekannt Aber das ist ein anderes Thema jetzt. Ich meine, in Deutschland gibt es natürlich auch so noch so eine, so eine Spaltung, die auch schwer zu verstehen oder ins Gespräch zu bringen ist. Einerseits von vielen, auch von Regierungsverantwortlichen, die sagen wir sind solidarisch mit Israel. Anfangs noch mit dem Diktum, dass es Teil der Staatsräson Deutschlands, sein eigenes Thema ist, vielleicht gar nicht so sinnvoll, aber da, wo zu sagen von den Verantwortlichen, den etablierten Kräften, wozu auch zum Teil die evangelische Kirche gehört, sagt, dass es ganz wichtig Solidarität und dann dagegen.

00:23:18: Unbekannt Aber auch von maßgeblichen Stimmen nicht einfach nur von unterdrückten. Diese zum Teil schäumende Israelkritik.

00:23:31: Unbekannt Beschreibt das nur so, weil ich. Weil das schwer ins Gespräch zu bringen ist. Ich merke aber auch, dass jetzt, wenn man sich bei vernünftigen Medien informiert oder mal differenzierten Politikern zuhört, man hätte schon den Eindruck gewinnen, klar, Solidarität mit Israel, aber keine Akzeptanz all dessen, was diese jetzige Regierung tut. Absolut bin ich voll dafür. Also das ist für mich kein Problem.

00:23:57: Unbekannt Das ist für mich auch kein Widerspruch.

00:24:00: Unbekannt aber man kann Israel nicht mit seiner Regierung gleichsetzen, Genauso wie man Amerika nicht mit Trump gleichsetzen kann.

00:24:10: Unbekannt Muss dann noch mal die Wahrnehmung, dass es in anderen europäischen Ländern noch mal ganz anders zugeht. Also um mein Spanisch ein bisschen zu polieren oder lese ich immer mal wieder El Pais Oder ich nehme englische Medien wahr, wo ich mich als Deutscher wundere, was ich für eine exzeptionell israelfreundliche Grundeinstellung ist. Ja gar kein nett gebildetes politisches Urteil, sondern einfach so eine Grundhaltung habe, dass es in anderen Ländern schon mal komplett anders.

00:24:40: Unbekannt Spanien fällt mir nur besonders auf, aber auch in England gibt es ja einen tief verwurzelten Antisemitismus oder antiisraelischen Antisemitismus von links. Ist man da auch Deutschland noch nicht ganz so schlimm wie die anderen? Bzw. Vielleicht noch mal eher die Frage hat Israel den weltweiten Publicity Krieg dient, der ja parallel zum realen Krieg stattfindet eigentlich schon verloren? Also Israel war in Publicity nie gut.

00:25:12: Unbekannt Also da habe ich immer sehr herbe Kritik geübt. Und ich glaube, man muss unterscheiden zwischen den Dingen, die man durch Publicity erklären kann und denen, die man nicht erklären kann, weil sie einfach schlecht und falsch sind.

00:25:31: Unbekannt Aber es war nie die Stärke Israels. Äh, Publicity. Also leider. Es wäre noch viel zu wenig Budgets zur Verfügung gestellt und deswegen finde ich auch zivilgesellschaftliche Initiativen, die dieses diese Aufgabe übernehmen, sehr, sehr wichtig.

00:25:49: Unbekannt Jetzt gehen wir mal gleich zum Thema Zivilgesellschaft und auch das Buch. Also wir haben jetzt mal wirklich nur angetippt, was die Problemlagen sind. Du hast ein Buch herausge geben. Solidarität heißt Handeln. Die israelische Zivilgesellschaft nach dem Massaker vom 7. Oktober 2023, das es erschien bei der Bundeszentrale für politische Bildung. Das hat den Vorteil, dass man das auf der Website der Bundeszentrale bestellen kann.

00:26:16: Unbekannt Für 5 € kriegt. Ein tolles Buch also, das sowieso ein Tipp und man kriegt noch mal einen Einblick, den man sonst medial nicht vermittelt bekommt.

00:26:28: Unbekannt erzähl doch mal, was das für ein Buch ist, wie die Idee dazu gekommen ist. Und dann gehen wir mal ein bisschen in die Themen, weil es wirklich. Ich fand es so wahnsinnig interessante und auch ja irgendwie Hoffnung stiftende Lektüre bei all dem schrecklichen Geschehen.

00:26:45: Unbekannt Also am 7. Oktober, wie gesagt, bin ich wie alle Israelis in ein tiefes Loch gefallen und äh, und da habe ich mir gedacht, äh, irgendwie möchte ich nicht in diesem Loch verbleiben. Und plötzlich habe ich in den Medien erstes Mal nach dem 7. Oktober haben wir uns alle auf die Hinterbeine gestellt und haben begonnen zu helfen und Geld zu sammeln, um einzukaufen und Waren zu packen.

00:27:11: Unbekannt Und zwar jeder hat irgendwie etwas gemacht. Und dann haben es mir durch die Medien sehr stark bewusst geworden, dass unheimlich viele Menschen und Organisationen, aber auch Einzelpersonen, Initiativen ins Leben rufen, um anderen, die vom 7. Oktober persönlich betroffen waren, zu helfen. Und es war unglaublich zu sehen, wie viel die Zivilgesellschaft geleistet hat. Und dann dachte ich mir das muss doch festgehalten werden, Schriftlich.

00:27:45: Unbekannt Äh, und die Arbeit an diesem Buch hat mir selbst Hoffnung gegeben und ein Licht gezeigt. Und das wollte ich einfach auch Lesenden in Deutschland vermitteln, um auch andere Perspektiven von Israel aufzuzeigen. Genau. Also du hast nach einer Einleitung 17 Interviews präsentiert mit Männer und Frauen, Jugendliche, Senioren. Ich schaue mal so ein bisschen auf, was da alles mir begegnet ist.

00:28:16: Unbekannt Das sind Berufstätige, das sind Leute, die schon im Ruhestand sind. Manche sind religiös, manche säkular, manche irgendwas dazwischen. Es sind vollkommen normale Leute aus den unterschiedlichsten Branchen auch. Und die haben irgendwas gemacht, also jüdisch, arabisch. Genau das wollte ich auch sagen, als es also jüdische Israelis und arabische Israelis so genau richtig, das vergisst man ja immer, dass ich glaube, es sind ungefähr 12 % der israelischen Bevölkerung Arabisch sind, mehr oder 20 oder sagen wir 20 und man vergisst auch und das ist für mich in der evangelischen Kirche immer noch mal ein Thema, dass die ja nicht alle Muslime sind, sondern es gibt eben da auch Christen.

00:29:00: Unbekannt Das führt manchmal dann dazu, dass man es als wie in der Geschichte so eine doppelte Solidarität haben, die uns manchmal auch zerreißt. Aber was haben Sie gemacht? Therapieangebote, Gedenkprojekte, Podcast, sagen Kollegen jetzt von mir Kunst oder Brot? Brötchen schmieren oder ein toller Koch, der Soldaten richtig gutes Essen gekocht hat, Nachbarschaftshilfe geguckt? Wer ist alleine? Gibt es Seniorinnen, gerade aus Russland gekommen, die noch gar nicht gut können?

00:29:38: Unbekannt Landwirtschaft unterstützen, weil da die Arbeiter als Arbeitskräfte fehlen? Tiere in evakuierten Gebieten, Frauenarbeit also feministische, empowernde Frauenarbeit, politisches Engagement und so, das waren so ein paar Dinge. Ich fand total interessant und es hat mir sehr viel Lebendigkeit gezeigt und Handlungsfreude und Handlungsstärke. Auch das wollte ich vermitteln und kann man natürlich immer nicht so gut vergleichen. Zivilgesellschaft gibt es in Deutschland auch, aber wir sind natürlich.

00:30:19: Unbekannt Was heißt natürlich scheint mir viel Staat Gläubiger und gucken erst mal nach, ob der THW kommt und dann das Rote Kreuz und dann keine Ahnung. Also ist das so eine Hands on Mentalität in so einem Frontstaat, dass man nicht wartet? Bis jetzt. Das Regierungsprogramm losläuft, sondern dass man selber guckt? Ist das wirklich ein Mentalitätsunterricht? Absolut. Das ist also, es ist ein Teil und das sagen auch viele der Interviewten, das ist ein Teil der israelischen Mentalität anzupacken, einfach zu tun.

00:30:54: Unbekannt Und dann schauen wir, ob es klappt oder nicht klappt oder wir lernen dann aus Fehlern. Aber zuerst einmal Dinge selbst auf die Beine zu stellen. Wir haben in Israel, finde ich, auch eine große Fehler, Freundlichkeit, die,

00:31:08: Unbekannt die man in Deutschland glaube ich so nicht hat. Da ist so, wenn man einmal auf die Nase fliegt, ist das jetzt kein.

00:31:14: Unbekannt Ist das ein Grund, aufzustehen und weiterzumachen oder eine neue Idee umzusetzen? In Deutschland freuen sich die anderen, dass er hingefallen ist, weil er was gemacht hat. Und das hätte er ja gar nicht tun sollen, weil er noch nie vorher die entsprechenden Stellen konvertiert hat. Er ist unter sich und wir haben flache Hierarchien.

00:31:34: Unbekannt wir haben auch Generationsunterschiede, sind nicht so wichtig.

00:31:40: Unbekannt Also es kann auch ein Junge mal dem Älteren sagen Du, wir machen das jetzt so Und so weiter und das schafft jetzt kein Drama.

00:31:47: Unbekannt also all diese Dinge und bloß die Notwendigkeit da also und auch hier ist war sehr leicht abrufbar, weil es immer schon ein sehr intensives zivilgesellschaftliches Engagement der israelischen Gesellschaft gegeben hat und der 7. Oktober diese Explosion und dann hat sich alles noch einmal viel stärker in Bewegung gesetzt.

00:32:10: Unbekannt Also mich hat eben bei diesen bei diesen Interviews auch sehr beeindruckt. Wie jetzt nicht nur einfach so unterschiedlich von der vom Alter Geschlecht und so sind die Gesprächspartner sind, sondern eben dass der, der Finanzunternehmer und Unternehmenschef, der schon weiß, wie man mal eine Aktion startet, gleichberechtigt neben dem jungen Landwirtschaftshelfer steht oder der unseren vierten Professoren, die jetzt da noch mal was macht.

00:32:40: Unbekannt Das ist. Da ist überhaupt gar kein Unterschied. Auch jetzt nicht von so einer Machtposition her, sondern man fängt an, was zu tun. Und da habe ich mich auch gefragt, was führt dazu? Einerseits natürlich diese äußere Katastrophe, aber dann vorbereiten natürlich viele Jahre, in denen man immer angegriffen ist oder sich in dieser Situation des Angegriffenseins findet. Dann habe ich mir fantasiert, manchen wird auch vielleicht eine zionistische Prägung da sein oder Erfahrung im Kibbuz oder in einer genossenschaftlichen Arbeit.

00:33:14: Unbekannt Und wie weit, das interessiert mich natürlich. Als Theologe sind da auch noch mal religiöse Prägungen mit dabei. Jude sein und jüdisch sein heißt ja nicht immer nur religiös sein, sondern einer bestimmten Kultur oder Ethnie Gruppe, wie auch immer man das beschreibt, anzugehören.

00:33:33: Unbekannt Nimmst du da ganz unterschiedliche Prägungen? War oder ist es eigentlich egal, wo das herkommt, sondern so eine Kultur des Mitmachens? Na ja, erstens glaube ich, dass es auch sehr viel und das Sagen auch mehrere Interviews geben, weil ich sie gebeten habe zu reflektieren, Warum mache ich das eigentlich? Äh, Sie verbinden das mit der jüdischen Geschichte in der Diaspora.

00:33:55: Unbekannt Ja, also die eine interviewgebende sagt selbst im Ghetto in Warschau wurden Strukturen geschaffen, Schulden, kulturelle Strukturen undsoweiter, um genau trotzdem irgendwie noch weiterleben zu können. Erst. Und, äh, die jüdische Community, die sich immer sehr selbstorganisiert und selbstversorgt in der Diaspora, weil sie eben sehr oft ausgeschlossen war. Ich glaube, da kann man schon Parallelen ziehen. Oder gibt es schon bestimmte Bezüge und erlaubt, dass dieses Handeln

00:34:33: Unbekannt ein Zusammenwirken und Zusammensein mit Menschen mit anderen Israelis, die ganz anderer Auffassung sind?

00:34:39: Unbekannt Also du hast vorhin gesagt, mit bestimmten Menschen kann ich nicht mehr sprechen, ich will es auch nicht, ich will mich da schützen. Mit ultranationalistischen Siedlern kann ich jetzt keine Diskussion über Politik führen.

00:34:53: Unbekannt glaubst du aber, dass das Mitmachen noch mal eine andere Ebene ist, wo man sich dann doch verständigen kann? Oder trennt sich das auch? Vielleicht auch deshalb, weil die einen darlegen und die anderen dort leben?

00:35:08: Unbekannt Na ja, der 7. Oktober war ein der ehemalige Knall, also zum Beispiel der eine Interview Gebende erzählt, dass zwei Siedler aus dem Cafe drei Siedler aus dem Westjordanland in den Süden gefahren sind und ihn und andere auch gerettet haben. Und dann ist er in dem Camp selbst gefahren. Also das. Natürlich gibt es auch solche Fälle, oder? Oder die ultraorthodoxe Frau, die die 3000 andere religiöse Fragen organisiert hat, die Familien von Reservisten unterstützt.

00:35:40: Unbekannt Und da treffen ganz unterschiedliche Welten aufeinander. Also ich denke, wenn sich das kommt so ergänzen darf, das ist das, was vielleicht nicht jeder, aber du kannst immer besser erklären, dass natürlich das deshalb so besonders wichtig ist, wenn eine ultraorthodoxe Frau Angehörige von Reservisten unterstützt, ist das schon etwas wirklich Grenzüberschreitendes, weil viele Ultraorthodoxe ja gar nicht zur Armee gehen und deshalb dann wirklich eine Riesenlücke oder ein Konflikt ist.

00:36:11: Unbekannt Ja, genau, Äh, und das heißt, es treffen schon unterschiedliche Welten, gerade in diesen zivilgesellschaftlichen Engagements. Alle haben ja gesagt, alle, egal, ob sie selbst religiöse oder nicht. Ich frage mich danach, wem ich helfe. Ich helfe einfach. Und wir haben. Bei den arabischen Interviewten haben wir auch jüdische Freiwillige und bei den jüdischen Organisationen haben wir auch arabische Freiwillige. Also, oder da kommen schon.

00:36:38: Unbekannt Natürlich ist es zivilgesellschaftliches Engagement und helfen grundsätzlich immer eine gute Plattform für soziale Grenzüber schreitungen im positiven Sinne. Das ist jetzt kann man einerseits als wirklich Solidarität im tiefen Sinne beschreibt, andererseits habe ich in vielen Interviews auch gesehen, das ist jetzt nicht nur so eine Gruppensolidarität, so eine Binnensolidarität, sondern da ist ein tiefes Verständnis für Menschlichkeit überhaupt da, also auch eine über die eigene Gruppe hinausgehende Solidarität, allerdings in aller Schärfe auch beschrieben Keine Versöhnungsarbeit zwischen sozusagen palästinensischen Kräften und Israel jetzt möglich.

00:37:27: Unbekannt Also ich frage das aus folgendem Hintergrund. Ich erlebe es an mir selber, aber auch an vielen Gesprächspartnern in Deutschland eine große Liebe, Sympathie, großes Interesse für Gruppen, die sich einsetzen an einer Friedens und Verständigungsarbeit und teile ich auch. Und zugleich frage ich mich Ist das jetzt nicht ein Interesse, das viel stärker vom unserem deutschen Interesse gesteuert ist? Dass wir Versöhnung wahrnehmen wollen und wir nicht wahrnehmen, dass der Konflikt so scharf ist, dass das vielleicht zurzeit nicht aus bösem Willen, sondern aus realistische Einschätzung so nicht möglich ist.

00:38:07: Unbekannt Also das die Solidarität nicht bei allen so weit gehen kann und gibt auch Interviewpartner, die das so beschreiben, wie sie es eigentlich möchten, weil die Kriegs Konflikte das nicht möglich machen, ist das auch so ein Moment von Realismus, das so auch teilst. Ich habe die bewusste Entscheidung getroffen. Das war meine Entscheidung, keine israelisch palästinensischen Initiativen in das Buch aufzunehmen, weil ich momentan nicht glaube, es gibt diese Initiativen, aber ich glaube, dass sie momentan nicht wirklich sehr viel bewirken können.

00:38:45: Unbekannt Ich muss aber sagen, dass ich selbst jetzt das Interview,

00:38:48: Unbekannt dieses Thema mit zehn Audio Videointerviews vor, die auf der Plattform der Bundeszentrale sein werden. Da habe ich schon eine Palästinenserin aus Ostjerusalem interviewt, die sich sehr wohl in diesem Bereich engagiert und die gesagt hat Wir müssen, wenn wir überhaupt Verständnis arbeiten machen wollen, müssen wir uns mit dem gegenseitigen Narrativ beschäftigen, weil ohne dem geht gar nichts.

00:39:17: Unbekannt Und das war für Sie eigentlich eine neue Erkenntnis. Und das habe ich auch als eine sehr wichtige Erkenntnis auch gefunden. Ich frage nur eine kleine Geschichte, die ich die erzählen kann, die soll meinen Erfahrungshintergrund beschreibt. Ich war vor kurzem in einer Ausstellung in Berlin in der Akademie der Künste. Eine tolle, sehr interessante Fotoausstellung. Unterschiedlichste Konflikte, Gegenwart Krisen wurden da mit dem Medium der Fotografie beschrieben Und dann?

00:39:51: Unbekannt Gibt es auch so ein ein Ding, ein Objekt, eine Installation zum Thema Israel Gaza ohne Fotos. Das fand ich schon mal ganz gut, weil gerade diese Bilder ja einfach auch so verführerisch sind und so Schein eindeutigkeiten herstellen. Aber das war so eine Installation. Ich beschreibt das mal kurz. Es war so eine halbe runde Holzwand, an der war außen ganz viele Friedensinitiativen aufgeführt und dann drin war.

00:40:19: Unbekannt So eine Möglichkeit konnte man sich hinlegen und sich dann esoterisch irgendwie beschallen lassen. Und ich fand das. Ich habe mit der Kurator gesprochen. Weil ich das irgendwie obszön fand, war ich auch zu streng. Dass wir als Deutsche uns jetzt diese Versöhnungsarbeit, die ja sehr, sehr ehrenwert und wertvoll ist, völlig gleich beurteilt, ausschließlich anschauen und nicht bereit sind, sozusagen auch noch mal in diesen, diesen Abgrund an uns heranzulassen, herankommen zu lassen.

00:40:46: Unbekannt Also das war so eine Erfahrung in ich Gespräch mit der Kuratorin, weil ich damit irgendwie irgendwie unzufrieden war. Ob du das verstehen kannst? Ja, ja, ja, das ist immer das Problem. Was ist die Rolle der Deutschen? Oder wollen Sie eigentlich hören? Wollen Sie sich mit der Situation, wie sie ist, auseinandersetzen oder wollen Sie eher Ihr Ding umsetzen? Was würdest du dir denn wünschen?

00:41:08: Unbekannt Aber du hast ja wirklich Na, du hast ja ganz viel Arbeit. Begegnungsarbeit mit mit unterschiedlichsten deutschen Gruppen, schätze ich. Mal kann ich mir vorstellen, Studierende unterschiedlicher Altersgruppen. Was würdest du und die sind jetzt in dieser Weise nicht möglich. Ja,

00:41:23: Unbekannt aber was würdest du dir denn von Menschen in Deutschland oder der Schweiz wünschen, wie sie sich mit dem Konflikt beschäftigen?

00:41:32: Unbekannt Wir können ja jetzt nicht unmittelbar eingreifen, wir haben ja keine Macht. Aber wir können uns ja schon damit befassen und uns eine Meinung bilden und auch in Gesprächen irgendwie mitwirken. Was hast du dann? Ein Wunsch, eine Vorstellung, was was wir tun könnten, würde ich mir wünschen, dass sie sich multiperspektivisch damit beschäftigen. Es gibt genug israelische Zeitungen, die man online auch ohne zu zahlen lesen kann.

00:42:00: Unbekannt Ich finde es wichtig, welche empfiehlst du? Times of Israel, Jerusalem, Post, Haaretz. Da sind also Haaretz kann man nicht ganz kostenlos, aber einige Artikel kann man schon lesen.

00:42:15: Unbekannt Also dass man quasi nicht schon die Meinung im Vorhinein habt und dann die Bestätigung sucht, sondern wirklich versucht sich an dem. Man muss auch nicht zu allem eine Meinung haben.

00:42:25: Unbekannt Im Übrigen ja, man kann sich auch mit Fragestellungen äh begnügen. Manchmal ja. Und dass man sich auch selbst seine eigene Ich ich mir meine Meinung ja, bin ich kritisch? Bin ich feindselig?

00:42:38: Unbekannt was will ich eigentlich erreichen? Äh, warum habe ich diese Meinung eigentlich? Und dass man eigentlich mit sich selbst auch viel kritischer ins Gericht geht, wenn man schon so konkrete Meinungen zu Israel habt?

00:42:55: Unbekannt Stimmt das eigentlich? Warum erreicht mich diese Geschichte so besonders? Warum springt mich dieses Bild so an? Warum übernehme ich? Zum Beispiel war jetzt eine Geschichte, die interessant sind, dass die Hamas erzählt in aller Stille die Zahl der zivilen Opfer heruntergesetzt, weil sie gesagt hat, dass die meisten der Opfer waren Männer im Alter von Ich weiß es nicht mehr.

00:43:21: Unbekannt 17 und 40 Ich weiß es nicht mehr. Was bedeutet das? Das sind die großer Wahrscheinlichkeit, äh, Terroristen waren oder aus meiner Sicht Terroristen sind mir als Kämpfer. Also dass das die Zahlen auch nicht unbedingt immer so stimmen wie sie von. Ja, man übernimmt einfach die Zahlen der Hamas Gesundheits organisation. Ich erwarte mir nicht, dass man alles was der israelische Armee Sprecher sagt, jetzt eins zu eins übernimmt, aber sicher nicht die, die Zahlen und Statistiken der Hamas.

00:43:55: Unbekannt Und darüber redet dann niemand. Dann hieß es schon Ist der Zug schon abgefahren.

00:43:59: Unbekannt Zum Schluss

00:44:00: Unbekannt eine Sache hat mich wirklich bei diesem Buch noch mal besonders angesprochen Neben sozusagen einfach der Breite und Tiefe, dass man dann mal einfach normale Leute kennenlernt, die man jetzt eben leider nicht kennenlernen kann. Das ist es wirklich mehr als ein Ersatz, dieses Buch, ich sage noch mal Solidarität halt.

00:44:19: Unbekannt Handeln. Anita Hafif, Corinna Bundeszentrale für politische Bildung also leicht zu finden. Äh, 5 €. Gutes Geschäft.

00:44:27: Unbekannt Und es einem auch noch mal eine Schranke gibt, nicht zu schnell irgendwas zu behaupten, was man gar nicht versteht. Es hat aber auch eine ganz positive Botschaft, nämlich das habe ich bei einigen, so hört das ja fast jedes Gespräch, glaube ich auf.

00:44:43: Unbekannt Was? Was ist eine Botschaft oder was? Würdest du Menschen in Deutschland raten, die in ihrem eigenen Umfeld Initiative ergreifen möchten? Also jetzt mal jenseits von Krieg, Konflikt Und so ganz menschlich sagen alle diese Gesprächspartner in unterschiedlichen Worten Ja, mach doch was einfach, also packt doch an! Ich fand das fast witzig, oder Ich fand es schön. Öffnen. Der Schluss.

00:45:11: Unbekannt Würdest du das auch so sagen?

00:45:12: Unbekannt in Deutschland könnt mehr machen. Müsst nicht immer warten, bis die Institution euch was sagt. Ich meine, ich bin jetzt. Ich sehe mich jetzt nicht in einer Position, gute Ratschläge zu erteilen, aber vor meiner Erfahrung für meine Wahrnehmung ist es immer gut, wenn man sich traut. Und es ist besser, ein Mal auf die Nase zu fallen.

00:45:31: Unbekannt Man kann auch klein beginnen. Ja, man kann auch mit Interessen, die einem ja, man muss nur ein Interesse definieren, was einem sehr am Herzen liegt. Es kann sein, ich werde, ich möchte meine Straße verschönern. Also jetzt.

00:45:46: Unbekannt Was auch immer. Aber ja, einfacher ging nicht. So viel überlegen und einfach andere Leute einbinden und dann merkt man, wie leicht man andere Menschen auch einbinden kann. Das fand ich eine ganz tolle Botschaft jenseits dessen, was dieses Buch uns über Israel erzählt Das eigene Leben in Deutschland, in der Schweiz oder in der USA oder in Österreich. Ein paar hören auch aus Österreich zu.

00:46:09: Unbekannt So ist es ja nicht,

00:46:11: Unbekannt sich davon inspirieren zu lassen. Liebe Anita, vielen herzlichen Dank für dieses sehr schöne Gespräch. Ich danke dir! Vielen Dank!

Über diesen Podcast

Die Kultur der Gegenwart ist voller Religion – ob es einem gefällt oder nicht. Das Gute daran: Es schafft Anlässe, mit ganz unterschiedlichen Menschen Gespräche zu führen. Über überraschende kulturelle Entwicklungen, tolle neue Kunstwerke oder aktuelle Konflikte. Nicht als journalistisches Frage-Antwort-Spiel, sondern als gemeinsames, ernsthaft-unterhaltsames Nachdenken. Alle zwei Wochen mit Johann Hinrich Claussen und immer einem anderen Gast.

von und mit Johann Hinrich Claussen

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